Grünes Licht für Abmahner?

Geschrieben am 13.02.2020 von:

Sabine Pernikas

Rechtsanwältin | Fachanwältin für IT-Recht
zum Profil

Kontaktiere mich:

+49 (0) 6232 – 100119 0
E-Mail senden

Nach wie vor ist nicht abschließend geklärt, ob und inwieweit Verstöße gegen die DS-GVO von Mitbewerbern und Verbraucherschutzverbänden abgemahnt werden dürfen. Trotz der großen Praxisrelevanz sind sich die deutschen Gerichte bei dieser Frage bisher uneinig. Wie ist die aktuelle Rechtslage? Und wohin geht die Reise?

Abschließende Regelung von Datenschutzverletzungen in der DS-GVO?

Im Mittelpunkt steht die kontrovers diskutierte Frage, ob die in der DS-GVO vorgesehenen Rechtsfolgen einer Datenschutzverletzung (z.B. Verhängung eines Bußgelds) abschließender Natur sind. Die Folge hierdurch wäre, dass Verstöße dann nicht wettbewerbsrechtlich nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verfolgt werden können. Nicht geklärt ist in diesem Zusammenhang, ob die einschlägigen Normen der DS-GVO als sogenannte Marktverhaltensregelungen im Sinne des UWG anzusehen sind. Nur in diesem Fall käme nämlich eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung in Betracht.

Es herrscht insgesamt wohl Einigkeit darüber, dass Verbände unter bestimmten (in Art. 80 Abs. 2 DS-GVO näher konkretisierten) Voraussetzungen grundsätzlich klagebefugt sein können. Die Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage für Verbandsklagen wird hier dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten (sog. Öffnungsklausel). Ob die bereits vorhandenen Regelungen in § 8 Abs. 3 UWG (Anspruchsberechtigte) den Anforderungen von Art. 80 Abs. 2 DS-GVO genügen, ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Umstritten ist, ob auch Mitbewerber Datenschutzverstöße abmahnen können. Für diese fehlt es nämlich an einer Öffnungsklausel im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DS-GVO. Das legt den Schluss nahe, dass der EU-Gesetzgeber in Bezug auf rein datenschutzrechtliche Verstöße einen Anspruch von Mitbewerbern ausschließen wollte.

Regelt der Datenschutz auch das Marktverhalten?

Darüber hinaus ist es umstritten, ob die datenschutzrechtlichen Regelungen überhaupt Marktverhaltensregelungen darstellen. Nur der Verstoß gegen solche Regelungen kann überhaupt nach § 3a UWG von Mitwettbewerbern abgemahnt werden (sog. Rechtsbruchtatbestand). Es ist also danach zu fragen, ob das Datenschutzrecht auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Mit Urteil vom 29.07.2019 (Az. C-40/17) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Frage nach der Abmahnfähigkeit von Datenschutzverstößen zumindest für Verbraucherschutzverbände grundsätzlich positiv beantwortet. Dies spricht dafür, dass Datenschutzverstöße als Marktverhaltensregelungen nach § 3a UWG anzusehen sind. Es ist davon auszugehen, dass die deutschen Gerichte dieser Auslegung zukünftig folgen werden.

Ausblick und geplante Gesetzesänderung

Die bisherige Rechtsprechung im Spannungsfeld zwischen DS-GVO und UWG befasste sich primär mit Verstößen gegen die Informationspflicht nach Art. 13 DS-GVO (vgl. LG Würzburg, Beschluss vom 13.09.2018, Az.: 11 O 1741/18) oder mit der Zulässigkeit von Datenverarbeitungen (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 25.10.2018, Az.: 3 U 66/17). In diesem Zusammenhang ist auf den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hinzuweisen. Dieser statuiert unter anderem, dass Unterlassungsansprüche von Mitbewerbern wegen Verstößen gegen die DS-GVO keinen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten begründen, sofern diese gegen kleinste oder kleine Unternehmen geltend gemacht werden (§ 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG-Referentenentwurf).

Ein Kleinstunternehmen ist ein Unternehmen, das weniger als 10 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Mio. EUR nicht überschreitet. Als kleines Unternehmen wird ein Unternehmen definiert, das weniger als 50 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. EUR nicht übersteigt (vgl. Artikel 2 des Anhangs zur Empfehlung der Kommission K (2003) 1422). Daneben soll der Anspruch von Mitbewerbern auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen sein, wenn es sich um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten handelt, die im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangen wurden. Hierunter dürften auch Verstöße gegen die datenschutzrechtlichen Informationspflichten nach Art. 13 und 14 DS-GVO fallen.

DS-GVO wohl nicht abschließend

Der Gesetzesentwurf scheint davon auszugehen, dass das Rechtsfolgenregime der DS-GVO nicht abschließend ist. Für die Abmahnung von datenschutzrechtlichen Verstößen durch Mitbewerber besteht also durchaus Raum. Wichtig ist in jedem Fall der Hinweis, dass Verstöße im Sinne von § 13 Abs. 4 UWG-Referentenentwurf keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach sich ziehen (§ 13 Abs. 2 Nr. 5 UWG-Referentenentwurf). Fehlt dieser Hinweis, hat der Abgemahnte gegen den abmahnenden Mitwettbewerber einen Anspruch auf Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen (§ 13 Abs. 5 UWG-Referentenentwurf).

Es bleibt abzuwarten, ob dieser Referentenentwurf tatsächlich in Kraft treten wird. Dies wäre zu begrüßen, da durch den Ausschluss von Aufwendungsersatz („Abmahnkosten“) in den bezeichneten Fällen der Anreiz genommen wird, mit datenschutzrechtlichen Abmahnungen schnelles Geld zu verdienen.


Zurück zu den News