Informationsfreiheit vs. Urheberrecht

Geschrieben am 24.04.2019 von:

Sabine Pernikas

Rechtsanwältin | Fachanwältin für IT-Recht
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Das Landgericht Köln untersagte der Plattform „FragDenStaat“ kürzlich per Beschluss im einstweiligen Verfügungsverfahren die Veröffentlichung einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu den Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat. Beim BfR handelt es sich um eine Behörde, die dem Bundeslandwirtschaftsministerium nachgeordnet ist.

Die Stellungnahme wurde im Anschluss an den Glyphosat-Bericht der Internationalen Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation erstellt. „FragDenStaat“ hat den Bericht aufgrund eines Antrags nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes erhalten und im Anschluss auf seiner Webseite veröffentlicht.

Das BfR mahnte „FragDenStaat“ daraufhin wegen einer Urheberrechtsverletzung ab. Es vertrat die Ansicht, dass die Veröffentlichung ohne Zustimmung des Verfassers dessen Urheberrecht verletze.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Es ist nicht das erste Mal, dass Gerichte über den urheberrechtlichen Schutz behördlicher Stellungnahmen zu entscheiden haben. Das Spannungsfeld zwischen der Informationsinteresse der Allgemeinheit und dem Anspruch eines Urhebers auf Schutz seines Werks wird häufig diskutiert. Der Streit entbrannte bereits bei der Veröffentlichung der Afghanistan-Papiere durch die WAZ. In einem anderen Verfahren (gegen das Bundesinnenministerium) obsiegte „FragDenStaat“ in einem ähnlich gelagerten Fall.

Einerseits haben Behörden unter Umständen ein anzuerkennendes Interesse an der Geheimhaltung von Dokumenten (etwa dann, wenn empfindliche Sicherheitsbelange entgegenstehen). Das Urheberrecht schützt aber die Verfasser und Erschaffer von Werken – staatliche Geheimhaltungsinteressen nicht.

Andererseits haben die Allgemeinheit und jeder einzelne Bürger selbst ein grundgesetzlich festgeschriebenes Recht auf Information, an das sich insbesondere der Staat, die Ministerien und Behörden halten müssen. „FragDenStaat“ argumentiert, dass die Berufung auf das Urheberrecht durch staatliche Stellen nur ein Vorwand sei, um illegitime Geheimhaltungsinteressen zu verfolgen. Mit dieser Ansicht steht „FragDenStaat“ nicht alleine da.

Eine Entschließung der Informationsfreiheitsbeauftragten der Länder forderte bereits im Jahr 2014, dass das Urheberrecht von Behörden nicht dazu genutzt werden dürfe, Geheimhaltungsinteressen zu verfolgen. Nach der Auffassung dieses Gremiums handelt es sich um eine besorgniserregende Entwicklung, wenn der Staat den Informationsfluss mit den Mitteln des Urheberrechts unterdrückt.

Kein urheberrechtlicher Schutz für bestimmte Dokumente

Amtliche Gesetze, Erlasse, Bekanntmachungen und Entscheidungen genießen eigentlich keinen urheberrechtlichen Schutz. Das ergibt sich aus § 5 Abs. 1 UrhG. Hinter dieser Vorschrift steht der Gedanke, dass solche Werke weitestgehend ungehindert genutzt werden sollen. In § 5 Abs. 2 UrhG steht sogar, dass amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlich werden, nur eingeschränkt schutzfähig sind.

Wortwörtlich steht im Gesetz aber nichts zu internen Vermerken oder Stellungnahmen, wie sie in dem Verfahren am Landgericht Köln vorlegelehn haben. Das UrhG scheint jedoch zumindest aus systematischer Sicht den Werken, die von Behörden oder anderen staatlichen Stellen erstellt werden, von vornherein einen geringeren Schutzbedarf zuzumessen als den Werken, die von nichtstaatlichen Urhebern stammen.

Wie geht es nun weiter?

Nach dem Beschluss des Landgerichts Köln steht fest, dass „FragDenStaat“ das Gutachten vorerst nicht weiter veröffentlichen darf. Die Plattformbetreiber versuchen nun, ihr Ziel – also das Gutachten bekannt zu machen – auf andere Weise zu erreichen, indem sie die Bürger dazu auffordern, das Gutachten per Informationsfreiheitsanfrage selbst anzufordern.

„FragDenStaat“ hat außerdem Klage beim Landgericht Berlin erhoben. Ziel ist die Feststellung, dass die Abmahnung des BfR unrechtmäßig war. Es bleibt also spannend.


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