Geschrieben am 29.11.2023 von:
Ob und wie Open Source Software (OSS) durch öffentliche Auftraggeber beschafft werden soll, oder ggf. sogar beschafft werden muss, wird bereits seit langer Zeit intensiv diskutiert.
Zuletzt hat die Thematik wieder mehr an Dynamik gewonnen. So heißt es etwa im Koalitionsvertrag der Bundesregierung:
„Für öffentliche IT-Projekte schreiben wir offene Standards fest. Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt, die entsprechende Software wird grundsätzlich öffentlich gemacht.“
Zudem wird beispielsweise erwogen, im Thüringischen Vergabegesetz einen Vorrang der Beschaffung von OSS festzulegen.
OSS zeichnet sich dadurch aus, dass der Lizenzerwerb kostenfrei möglich und der Quellcode der Software offengelegt ist, was eine Anpassung des Programms an die individuellen Bedürfnisse des Nutzers ermöglicht. Die Bedingung für die Nutzung der OSS ist, dass auch die abgeleitete Software frei zugänglich gemacht wird. Bei der Verwendung von sogenannter „proprietärer Software“ kann dagegen die langjährige Pflege der Produkte in aller Regel nur durch die Herstellerfirma vorgenommen werden, da der Quellcode in den seltensten Fällen zur Bearbeitung freigegeben wird. Für Programmerweiterungen und -änderungen ist der Lizenznehmer mithin stets auf die Ausführung durch den Lizenzgeber angewiesen.
Durch die Nutzung von OSS könnte somit die Abhängigkeit der öffentlichen Verwaltung von einzelnen Anbietern reduziert werden. Aktuell stellt sich noch häufig die Situation, dass öffentliche Auftraggeber aufgrund von Urheber-Rechten und Schnittstellen-Thematiken keine andere Wahl haben, als vom bisherigen Anbieter weitere Produkte zu beschaffen. Eine Umstellung der System-Landschaft würde häufig zu unverhältnismäßigem Aufwand führen. Dieses Problem ließe sich durch die Verwendung von OSS lösen.
Bei der Ausschreibung von Open Source Software stellen sich verschiedene vergaberechtliche Herausforderungen, die allerdings allesamt bewältigt werden können.
Zunächst ist festzuhalten, dass zwar die kostenlose Beschaffung von Software dem Vergaberecht fremd ist. Grundsätzlich unterfallen nur entgeltliche Aufträge gem. § 99 GWB den vergaberechtlichen Vorschriften. Allerdings geht es bei der Beschaffung von OSS in den allermeisten Fällen nicht um unentgeltliche Verträge. Lediglich der Erwerb der Lizenzen ist kostenfrei. Die Lieferung der Software ist jedoch regelmäßig mit Anpassungs- und Supportleistungen verbunden. Dies kann durchaus kostenpflichtig sein. Darüber hinaus werden von den Anbietern meist weitergehende Wartungs- und Pflege- sowie Schulungs- und Beratungsleistungen angeboten. Es handelt sich damit in aller Regel um einen entgeltlichen öffentlichen Auftrag im Sinne des Vergaberechts.
Zudem ist eine Vorgabe, dass OSS angeboten werden muss, keine vergaberechtlich unzulässige Produktvorgabe. Dies wird zwar vereinzelt vertreten. Jedoch liegt eine Produktvorgabe nur dann vor, wenn auf einen Hersteller oder ein Produkt verwiesen wird. Bei der Vorgabe, dass OSS angeboten werden muss, handelt es sich jedoch um eine Eigenschaft des anzubietenden Produkts und nicht um die zwingende Vorgabe eines bestimmten Herstellers oder Produkts. Selbst wenn man von einer Produktvorgabe ausgehen würde, wäre diese zudem durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Wie bereits ausgeführt, bietet OSS im Vergleich zu proprietärer Software mehrere Vorteile für den öffentlichen Auftraggeber. Schließlich handelt es sich bei OSS auf der Wertungsebene auch nicht um ein vergabefremdes Kriterium, da es im engen Zusammenhang zum Leistungsgegenstand steht.
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