Tattoos und Urheberrecht

Geschrieben am 12.01.2018 von:

Sabine Pernikas

Rechtsanwältin | Fachanwältin für IT-Recht
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Mittlerweile sind Tattoos in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen und weit verbreitet. Aus juristischer Sicht stellt sich jedoch die Frage, inwiefern die zugrundeliegenden Bilder oder die Tattoos selbst urheberrechtlich geschützt sind und wer Rechteinhaber ist.

Künstlerisches Werk

Zunächst ist festzustellen, dass Tattoos mitunter künstlerisch enorm anspruchsvoll sein können und deshalb nach § 2 Abs. 1 UrhG geschützt sind. Nach der allgemein anerkannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber auch die sogenannte „kleine Münze“ geschützt. Hierbei handelt es sich um solche Werke, die gerade noch die nach § 2 Abs. 2 UrhG notwendige Schöpfungshöhe erreichen. Da an die kleine Münze nur sehr geringe Anforderungen gestellt werden, dürfte im Ergebnis nahezu jedes Tattoo urheberrechtlich geschützt sein.

Es ist bislang nicht abschließend geklärt, wem die Urheberrechte an einem Tattoo zustehen. Eindeutig ist nur, dass der Tätowierer gem. § 7 UrhG als Urheber gilt. Unklar ist aber, wem die Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Tattoos zustehen.

Stillschweigende Einräumung von Nutzungsrechten

In § 60 UrhG ist geregelt, dass der Besteller eines Werkes dieses zumindest zu nicht gewerblichen Zwecken als Lichtbild beliebig oft vervielfältigen und verwerten darf. Über diese gesetzliche Regelung hinausgehende schriftliche Vereinbarungen zwischen Tätowierer und Kunde werden in der Regel nicht getroffen. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung wird man aber zu dem Schluss kommen müssen, dass dem Kunden stillschweigend ein sehr weitgehendes Nutzungs- und Verwertungsrecht eingeräumt wird. Dies folgt schon daraus, dass sonst die grundgesetzlich geschützte Autonomie über den eigenen Körper eingeschränkt werden würde.

Das führt dazu, dass der Kunde sein Tattoo umfassend nutzen und z.B. Bilder davon veröffentlichen und verbreiten darf. Die stillschweigend erteilten Rechte gehen sogar so weit, dass der Kunde sich auch gegen Bezahlung ablichten lassen darf. Tattoo-Models können also wohl ohne Probleme ihrem Beruf nachgehen, wobei der Urheber gem. § 13 UrhG seine Nennung verlangen kann.

Tattoo als alleinstehendes Werk

Anders dürfte die Frage nach den Nutzungs- und Verwertungsrechten dann zu beurteilen sein, wenn nur das Tattoo selbst fotografiert wird und der Körper des Kunden nicht mehr zu erkennen ist. Zumindest die gewerbliche Nutzung des Werkes dürfte in diesen Fällen wohl ausgeschlossen sein, da hier gerade nicht in die körperliche Autonomie des Kunden eingegriffen wird. Die Abbildung des Tattoos alleine auf einem T-Shirt oder in einer Zeitschrift wäre daher ohne Einwilligung des Tätowierers wohl nicht zulässig.

Grundsätzlich haben Urheber gem. § 14 UrhG auch ein Recht darauf, die Entstellung ihres Werkes zu verbieten. Übertragen auf Tattoos würde das bedeuten, dass der Tätowierer seinem Kunden verbieten könnte, das Tattoo entfernen oder mit einem anderen Tattoo überdecken zu lassen. Auch das wäre jedoch nicht mit dem grundgesetzlich gesicherten Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper zu vereinbaren.

Beinahe Keine Relevanz in der Praxis

Tatsächliche Auswirkungen hatten diese rechtlich noch nicht abschließend geklärten Fragen bisher nicht. Viele Tätowierer sind eher dankbar, wenn ihre Werke der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Eine Ausnahme ist wohl der Tätowierer Don Ed Hardy, der dem Modedesigner Christian Audigier gegen eine Vergütung die Nutzung seiner Werke für das Modelabel „Ed Hardy“ erlaubt hat. Es ist also nicht auszuschließen, dass auch andere Tätowierer versuchen werden, ihre Werke anderweitig zu vermarkten. Ausdrückliche Regelungen sind in einem solchen Fall wohl notwendig.


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